WESHALB DEINE EXEKUTIVEN FUNKTIONEN VON VIELSEITIGER BEWEGUNG PROFITIEREN
- christiansidler
- 25. Juni
- 3 Min. Lesezeit
„Schach für den Kopf, Bewegung für den Körper.“ Dieses Bild ist weit verbreitet – und wirkt auf den ersten Blick logisch. Denken passiert im Gehirn, Bewegung betrifft den Körper. Wer also im Kopf fit bleiben möchte, löst Rätsel. Und wer körperlich gesund bleiben will, macht Sport.
Die moderne Forschung zeigt jedoch: Körper und Gehirn verbunden über das Nervensystem lassen sich nicht so leicht voneinander trennen. Tatsächlich profitieren unsere «kognitiven» Fähigkeiten deutlich von gezielter, vielseitiger Bewegung.
Das Gehirn und der Körper – ein wechselseitiges System
Das Gehirn steuert unsere Bewegungen – das ist bekannt. Doch umgekehrt ist das Gehirn auch auf Rückmeldungen aus dem Körper angewiesen, um seine Funktionen zu entwickeln und aufrechtzuerhalten. Besonders durch Bewegung entstehen Reize und Informationen, die zentrale Areale im Gehirn aktivieren und fördern.
Diese enge Wechselwirkung beginnt bereits im Kindesalter und begleitet uns ein Leben lang. Studien wie jene von Diamond & Lee (2011) zeigen, dass Bewegung – besonders wenn sie mit kognitiven Anforderungen kombiniert wird – einen positiven Einfluss auf die sogenannten exekutiven Funktionen hat.

Tanzen vereint rhythmische Bewegung mit kognitivem Training und fördert Koordination, Gedächtnis und Körperwahrnehmung – ein wahres Geschenk für das Gehirn und seine Funktionen.
Was sind exekutive Funktionen – und warum sind sie so wichtig?
Exekutive Funktionen steuern unser zielgerichtetes Verhalten. Sie helfen uns dabei, Handlungen zu planen, unsere Aufmerksamkeit zu lenken, Impulse zu kontrollieren und flexibel auf neue Situationen zu reagieren. Konkret gehören dazu:
Arbeitsgedächtnis – Informationen speichern und kurzfristig nutzen
Inhibition – Impulskontrolle und Selbstregulation
Kognitive Flexibilität – flexibel zwischen Aufgaben oder Perspektiven wechseln
Aufmerksamkeit – Relevantes erkennen, fokussiert bleiben
Planung und Problemlösen – systematisch denken und handeln
Diese Fähigkeiten sind nicht nur im schulischen oder beruflichen Kontext relevant, sondern prägen unseren Alltag wesentlich – unabhängig vom Alter.
Bewegung & Kognitive Herausforderungen als gezieltes Training fürs Gehirn
Neurowissenschaftlich besonders interessant: Die Areale im Gehirn, die für Bewegung zuständig sind, stehen in direkter Verbindung oder unmittelbarer Nähe zu jenen, die exekutive Funktionen verarbeiten, wie etwa der präfrontale Kortex oder das Kleinhirn.
Das bedeutet: Wenn wir uns bewegen, werden häufig auch kognitive Prozesse mitaktiviert. Diese enge Verbindung lässt sich gezielt im Training nutzen – insbesondere, wenn Bewegung durch eine neurozentrierte Perspektive mit gezielten kognitiven und sensorischen Reizen kombiniert wird.
Es gibt zwei gängige Formen, Bewegung mit kognitiven Aufgaben zu verbinden:
Simultan: Körperliche Bewegung und Denkleistung finden gleichzeitig statt. Ein Beispiel: Kniebeugen in Kombination mit einer Stroop-Aufgabe, bei der Farben und Wörter bewusst unterschieden werden müssen.
Sequenziell: Körperliche und kognitive Anforderungen folgen aufeinander. Zum Beispiel: Eine Hand-Auge-Koordination gefolgt von einer Kräftigungsübung.
Beides ist wirksam. Allerdings zeigt die Forschung – etwa eine Studie von Pesce et al. (2013) –, dass die simultane Kombination aus Bewegung und kognitiver Herausforderung besonders starke Effekte auf exekutive Funktionen hat. Vor allem dann, wenn die Aufgaben abwechslungsreich und regelbasiert gestaltet sind – etwa bei Spielen oder Übungen mit sich ändernden Anforderungen.
Ein Trainingsansatz, der für viele Zielgruppen relevant ist
Der gezielte Mix aus vielseitiger Bewegung und kognitiven Anforderungen ist nicht nur für Kinder in der Schule sinnvoll – auch viele andere Zielgruppen profitieren davon:
Menschen mit ADHS-Symptomen können durch bewegte, strukturierte Settings ihre Impulskontrolle und Aufmerksamkeitssteuerung verbessern.
Erwachsene im Berufsleben stärken durch solche Trainings ihre Konzentration, ihre kognitive Flexibilität und ihre Fähigkeit zur Stressregulation.
Ältere Menschen erhalten ihre geistige Leistungsfähigkeit und können dadurch ihre Selbstständigkeit und Lebensqualität langfristig steigern.
Exekutive Funktionen sind eine zentrale Grundlage unseres täglichen Handelns. Deshalb lohnt es sich, sie im Alltag und im Training regelmäßig zu fördern – mit Offenheit für Neues, der Freude an Bewegung und dem Mut, spielerisch an Herausforderungen zu wachsen.
Fazit: Vielseitige Bewegung ist essenziell – für Körper und Gehirn
Bewegung fördert nicht nur Muskelkraft und Ausdauer, sondern auch «Gehirn» Fähigkeiten, die für ein selbstbestimmtes und aktives Leben entscheidend sind. Durch gezielte Kombination von Bewegung und kognitiven Anforderungen entsteht ein wirkungsvoller Trainingsansatz, der sich an individuelle Bedürfnisse anpassen lässt.
Ob im Schulalltag, im Berufsleben oder im Alter:Ein bewegter, gehirngerechter Alltag stärkt die exekutiven Funktionen – und trägt wesentlich zu mehr Wohlbefinden und Lebensqualität bei.
Quellen:
Diamond, A., & Lee, K. (2011). Interventions shown to aid executive function development in children 4–12 years old. Science, 333(6045), 959–964.
Pesce, C. et al. (2013). Deliberate play and preparation jointly benefit motor and cognitive development. Exercise and Sport Sciences Reviews, 41(1), 25–32.
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