ZAPPELNDE SCHÜLER*INNEN: NERVEN SIE DICH – ODER ZEIGEN SIE DIR, WAS FEHLT?
- christiansidler
- 10. Juni
- 2 Min. Lesezeit
Die Kinder rutschen auf ihren Stühlen hin und her, tuscheln, kritzeln aufs Blatt oder starren mit leerem Blick zur Tafel. Die Lehrkraft spricht, aber nur ein Teil der Klasse hört überhaupt zu. Die Spannung steigt – bei den Kindern wie bei den Erwachsenen. Alle sind erschöpft, unruhig, abgelenkt.
Doch anstatt uns nur über mangelnde Konzentration zu wundern, werfen wir mal einen Blick hinein ins Gehirn – und fragen uns: Was passiert dort eigentlich gerade?
Unser Gehirn – ein Meisterwerk mit Überlebensfokus
Unser Gehirn ist ein echtes Naturtalent im Erkennen und Reagieren auf Reize – und seine wichtigste Aufgabe ist es, für Sicherheit und Stabilität zu sorgen. Damit wir uns konzentrieren, lernen und kreativ sein können, ist es auf bestimmte Rückmeldungen angewiesen: aus dem Körper, aus der Umwelt, aus der Bewegung.
„In bestimmten Unterrichtssituationen – ruhiges Sitzen, konzentriertes Arbeiten am Platz, kaum Haltungs- oder Ortswechsel – beginnen genau diese Reize zu fehlen. Der Körper bleibt ruhig, doch dem Gehirn fehlt das gewohnte Feedback: Wo befinde ich mich im Raum? Bin ich in Balance? Bewege ich mich sicher durch meine Umgebung?“
Und genau hier zeigt sich die geniale Reaktion unseres Nervensystems: wenn der Input ausbleibt, erzeugt der Körper ihn einfach selbst. Kinder beginnen zu zappeln, zu wippen, zu kritzeln oder sich umzusehen – nicht aus Ungehorsam, sondern weil ihr Gehirn nach Aktivierung sucht, um die innere Regulation wiederzufinden.

Ist „Unruhe“ ein Störfaktor, oder ein versuchter Selbstregulierungsmechanismus?
Durch Bewegung, aktiviert der Körper jene Netzwerke, die für Konzentration, Aufmerksamkeit und emotionale Stabilität entscheidend sind. Forschung aus der Sensorischen Integration (z. B. Dr. Lucy Jane Miller, STAR Institute) zeigt:
„Gezielte, abwechslungsreiche Bewegung unterstützt das Nervensystem darin, sich sicher, organisiert und lernbereit zu fühlen.“
Auch Studien zur sensomotorischen Entwicklung (z. B. Davids et al., 2008) bestätigen:
„In einer bewegungsreichen, interaktiven Umgebung stabilisieren sich neuronale Systeme – Lernen wird effizienter und nachhaltiger.“
Diese Perspektive fördert das Verständnis: Bewegung oder Zappeln ist nicht das Problem – sondern Teil der Lösung. Allerdings reicht das Zappeln meist nicht aus, um genau jene Gehirnareale ausreichend zu aktivieren, die jetzt gefordert sind.
Besonders wichtig sind dabei bestimmte Gehirnregionen:
Präfrontaler Kortex – zuständig für Planung, Impulskontrolle, Problemlösen
Frontallappen – Sitz des „Executive Functioning“, also unserer Denkzentrale
Basalganglien – wichtig für Bewegungskoordination und Aufmerksamkeitsregulierung
Diese Areale sind keine Einzelkämpfer, sondern arbeiten in einem dichten Netzwerk zusammen. Sie sind angewiesen auf Aktivierung – durch Reize, Bewegung und körperliches Feedback. Eine Studie von Budde et al. (2008) zeigte: Schon kurze koordinativ anspruchsvolle Bewegungseinheiten verbessern signifikant die Aufmerksamkeit von Schüler:innen.
Synapsenfeuerwerk durch Bewegung
WOW! Wollen wir uns den Satz oben noch einmal auf der Zunge zergehen lassen?
"Schon kurze koordinativ anspruchsvolle Bewegungseinheiten verbessern signifikant die Aufmerksamkeit von Schüler:innen."
Zappeln gilt wohl nicht gerade als anspruchsvoll. Und genau hier können wir eingreifen und die Synapsen krachen lassen. Mit gezielten, spielerischen Bewegungspausen können wir das natürliche Bedürfnis des Gehirns unterstützen – und dabei Aufmerksamkeit und Lernfreude fördern.
Wenn also im Unterricht wieder gähnende Müdigkeit, Zappeligkeit oder Konzentrationslöcher auftreten – nicht einfach hinnehmen, sondern als Aufruf deuten!
Fazit: Bewegung ist kein Pausenfüller – sie ist ein Konzentrations-Booster!
Bewegung im Unterricht ist kein Zeitverlust, sondern eine Investition in effektiveres Lernen. Je gezielter wir Gehirn und Körper gemeinsam fordern, desto aufmerksamer, motivierter und lernfähiger werden unsere Schüler:innen.
Also: Wenn's wieder unruhig wird – lasst die Synapsen krachen!
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